Meine Stellung zu der ganzen Geschichte

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Wir sind jetzt schon einen Monat dabei den ganzen Spaß, Rund um Tron und Justin Sun zu verarbeiten. Inzwischen ist vieles passiert und wir haben eine grobe Ahnung, was auf uns zu kommt. In diesem Beitrag werde ich einmal meine Standpunkte darlegen und diese Begründen.

Mein Hintergrund

Ich bin nicht primär hier, um Reichtum zu erwerben, dann würde ich meine Zeit in andere, gewinnbringendere Projekte werfen. Primär geht es mir, um den Gedanken eine dezentrale Kommunikations- und Speichertechnologie mit zu nutzen, zu betreiben und mit zu entwickeln. Hierbei finde ich Steem immer ganz interessant, es ist ein durchaus durchdachtes System, mit dem größten Problem, das es immer gibt, den Nutzern.

Vorweg, ich bin kein Libertärer. Ich sehe in einer reinen Marktwirtschaft nicht das Non-Plus-Ultra. Ich sehe darin einen wichtigen Punkt, der jedoch in meinen Augen durch Regeln und einen sozialen Zwang beschränkt werden sollte. Hiermit sehe ich mich in der Tradition der klassischen rheinischen Kapitalisten. Die Marktwirtschaft erzeugt die Waren, wobei bestimmte Praktiken entweder durch Gesetz und meistens durch soziale Normen unterbunden werden. So presst der Unternehmer seine Mitarbeiter z. B. nicht bis aufs Letzte aus, sondern nimmt auf ihre Bedürfnisse Rücksicht und der Mitarbeiter sitzt nicht nur einfach seine Stunden ab, sondern führt seine Arbeit gewissenhaft aus. Eine wechselseitige Loyalität, geschaffen durch einen sozialen Konsens. Wo dieser Konsens versagt, greifen staatliche Stellen ein, deren Regeln durch gewählte Vertreter festgelegt werden. Und einen Ausgleich zwischen Unternehmern und Arbeitern versuchen zu erzeugen. Wobei hierbei nur ein grober Rahmen gegeben wird, in dem sich ein sozialer Konsens bildet.

Dieses System sehe ich in Teilen auch hier auf dem Steem. DPoS und die Blockchain bilden das System, welches die Grenzen festlegt. Es gibt einen Kampf um die Votes und deren Verteilung, aus dem Gewinn gezogen wird und einen sozialen Konsens, wie gehandelt wird und was man z. B. nicht machen kann.

DPoS und das Problem aller Blockchains

Alle Blockchains haben in ihrer Entstehungsgeschichte einen Punkt X, bis zu dem sie durch externe Kräfte angegriffen und übernommen werden können. Beim Bitcoin war es bis zu dem Zeitpunkt, an dem es zu teuer wurde genug Hardware aufzustellen, um das Netzwerk zu übernehmen. Bei DPoS Systemen besteht die Gefahr darin, dass es möglich ist, genug Anteile zu kaufen, um alleine die Kontrolle zu übernehmen. Dies ist entweder möglich, wenn zu wenige ihren Stake zum Voten nutzen, der Kurs so niedrig ist, dass man sich einen solchen Stake kaufen kann oder es eine Schwachstelle im System gibt. Diese Schwachstelle war hier Steemit Inc.. In Kombination mit der Möglichkeit alleine alle Top20 Witnesse mit einem Stake zu kontrollieren, wie es auf Steem gegeben ist, haben wir eine Kombination aus allen drei. Viele haben ihre Votes nicht genutzt, der Kurs war niedrig und mit Steemit haben wir eine Achillesferse.

Der Steemit Stake muss weg

Der Steemit Stake war dafür gedacht, Entwicklung und Onboarding zu finanzieren. Dies ist jetzt nicht mehr der Fall, bzw. wurde dieser Plan schon schnell verworfen. In meinen Augen muss der Steemit Stake weg, seine Existenzberechtigung ist nicht mehr gegeben. Ihn zu löschen mag in einem solchen Szenario ein durchaus gangbarer Weg zu sein, aber hier kommt das Privateigentum ins Spiel. Beim Steemit Stake handelt es sich nicht mehr um einen Ninja Stake, der aus dem nichts geschaffen wurde. Es hat jemand Geld dafür ausgegeben, ihn zu erwerben. Deshalb sehe ich in einem Verkauf eine mögliche Option.

Wir hatten drei große Akteure, die das Top Lager nennenswert bestimmt haben. Jetzt ist es einer alleine. Wenn dieser Stake verkauft wird, könnte sich etwas bilden, das wir bisher nicht auf Steem kennen. Einen Mittelstand. Wenn wir ein paar Dutzend, vielleicht einhundert Nutzer haben, die über eine nennenswerte Menge Steem verfügen, könnte sich das Bild der Top20 ändern und zu mehr Diversität führen.

Die Witnessvotes

Im Moment gibt es die Idee, das Witnessvote System zu verändern. Hier bin ich der gleichen Meinung, es muss geändert werden. Aber die Idee, für jeden SP einen Vote zu erhalten, sehe ich kritisch. Zum einen gibt es SP nicht direkt, es gibt MVest, die man verteilen könnte. Aber hierdurch wäre es unter Umständen immer noch möglich mit einem Stake, Einfluss zu nehmen. Außerdem würde es den Börsen die Möglichkeit geben, anteilsmäßig zu voten. Hierdurch wäre es möglich, ohne großes Risiko Einfluss auf der Blockchain zu nehmen. Man könnte seine SP einfach jederzeit über die Börse weiterverkaufen und trotzdem seine Witnesse voten. Hierdurch würde der bewusste Schritt, seine Steem für 13 Wochen zu binden und sich somit an das Projekt zu binden, übersprungen.

Ich persönlich bin dafür, die Witnessvotes zu reduzieren. Wenn man mehrere Votes auf einen Account hat, hat man zwar in der Theorie mehr Votestärke, aber man kann nicht beliebig viele Witnesse voten. Wenn man die Zahl z. B. auf drei reduziert, könnte man keinen Account mit einem großen Stake kaufen und das System sofort übernehmen.

Weniger als drei Votes, würden dazu führen, dass es zu häufigen Wechseln in den Top20 gibt und gleichzeitig neue Witnesse einen schweren Einstieg hätten. 30 Votes wie jetzt, erlauben ein relativ stabiles System und auch neue Witnesse haben die Chance, sich als Back-up zur Verfügung zu stellen. Bei fünf Votes hat wiederum ein Akteur die Möglichkeit, alleine ein Veto gegen einen HF oder SF einzulegen.

Aus diesen Gründen bin ich für drei oder vier Witnessvotes pro Account, tendenziell bin ich eher für vier Witnessvotes. Hierbei müsste sich jeder näher mit seinen Witnessen beschäftigen und als Witness wäre es wichtiger, Kontakt zu seinen Wählern zu bekommen. Große Akteure wie Blocktrades oder Freedom könnten zusammen nur acht der Top20 stellen, der Rest müsste sich anderswo Votes verdienen. Es würde wahrscheinlich zu einer stärkeren Fraktions- und Communitybildung führen. Statt sich bei einzelnen großen Stakeholdern anzubiedern, hätten auch Witnesse eine Chance, die sich als Sprecher bestimmter Gruppen etablieren, wenn sich diese dann zu "Fraktionen" zusammenschließen, haben sie noch bessere Chancen, eine Stimme an der Spitze zu stellen. So könnte es z. B. dazu kommen das es eine Freedom-Fraktion, eine Blocktrades-Fraktion, eine Splinterlands-Aggroed-Fraktion, eine Spanisch-Fraktion, eine Deutsch-Fraktion und eine API-Node-Fraktion geben, die jeweils aus einem oder mehreren Witnessen bestehen. Hierdurch könnte die Regierungs-/Verwaltungsfunktion dezentralisiert werden.

Downvotes

Ein anderes Thema, das in letzter Zeit wieder hochkommt, sind die Downvotes. Ich persönlich bin dafür, dass man den Pool für kostenlose Downvotes nicht abschaffen, sondern vergrößern sollte. Beide Pools sollten gleich groß sein. Wenn man jetzt spieltheoretisch herangeht und davon ausgeht, dass jeder das Maximum aus seinen Votes herausholen will, würden am Ende nur noch jene Beiträge einen Pay-out erhalten, die von der Gesamtheit als gut bewertet würden.

In der Praxis sieht es jedoch anders aus. Auf Plattformen, auf denen ein Vote nichts kostet und beide Optionen vorhanden sind, gibt es ein interessantes Phänomen. Nur etwa 10 % aller Votes sind Downvotes. Die Nutzer halten sich hierbei zurück, ja es gibt Missbrauch, aber das ist Teil jedes Systems.

Auch eine Frontendlösung, in der man ein Formular für Downvotes einfügen muss, sehe ich eher als unnütz. In diesem Fall könnte man einfach ein anderes Frontend nutzen oder einen Downvotebot.

Insgesamt nehmen Downvotes, trotz Missbrauchs, eine Funktion ein. Man kann gegen Contentklau und in seinen Augen unverdiente Rewards vorgehen. Es ist eine Meinungsäußerung, genau wie ein Upvote. Der Reward gehört dem Empfänger erst, wenn er ausgezahlt wird, bis dahin kann sich noch vieles ändern.

Powerdown

Es wird auch darüber geredet, den Powerdown auf drei Tage, eine Woche oder vier Wochen zu reduzieren. Hier gab es schon einige Diskussionen und ich sehe es, ohne Änderung der Pay-out-Zeit, nicht als sinnvoll an, den Powerdown Zeitraum unter sieben Tagen anzusetzen. Weniger als 4 Wochen würde ich auch nicht für die Witnessvotes ansetzen.

Ich wäre für ein flexibles System, bei dem man beim Powerup auswählt, wie lange die eigenen SP gebunden bleiben, von 4 bis 104 Wochen, wobei die Zinsen und die Stärke des Witnessvotes werthaltiger werden, je länger man seine SP bindet. So werden Investoren belohnt, die ihre SP langfristig binden. Ein Investor der seine SP für 104 Wochen bindet, denkt langfristiger, als einer, der sie vier Wochen bindet.

Je kürzer der Powerdown Zeitraum ist, desto eher lockt man Leute an, die nur das schnelle Geld sehen wollen und desto mehr wird spekuliert und der Kurs springt stärker. Stabile Kurse jedoch, sind für den alltäglichen Nutzer angenehmer, da er besser kalkulieren kann.

Kann man einen neuen Softfork 22.2 verhindern?

Ich sage Nein. Wir bewegen uns auf einem dezentralen System, basierend auf einer Open Source Software, die jeder beliebig verändern kann. Und das Einfrieren von Stakes kann auf jeder Blockchain passieren, wenn sich genug Blockproduzenten weigern bestimmte Transaktionen durchzuführen.

Außerdem gibt es den Code im Internet, von daher kann es immer wieder passieren, falls sich die Community dazu entscheidet Witnesse zu wählen, die es unterstützen. Von daher ist es nicht möglich, ein neues Einfrieren der Stakes zu verhindern.

Und es gibt meistens keine Verträge, welche Software man laufen lässt. Von daher kann es immer passieren, dass es zu einem Fork kommt und der eigene Stake gelöscht wird. Es sollte hierfür nur driftige Gründe geben.

Abschluss

Wir erleben gerade interessante Zeiten, die wahrscheinlich in die Krypto Geschichte eingehen. Was man merkt, ist wie sich vieles verändert. Wobei man auch sieht, wie Welten aufeinanderstoßen, unterschiedliche Kulturen und verschiedene Verständnisse des allen.

Ich persönlich sehe es insgesamt als großes Experiment. Kann man ein dezentrales System, auf dem Menschen aus aller Welt kommunizieren, betreiben? Wenn es am Ende klappt schön, wenn nicht - muss man aus den Fehlern lernen und es noch mal woanders probieren. Aber was Steem schon geschafft hat, er hat Leute gebunden, die auch einfach so weiterziehen könnten.



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Du hast ein Upvote von mir bekommen, diese soll die Deutsche Community unterstützen. Wenn du mich unterstützten möchtest, dann sende mir eine Delegation. Egal wie klein die Unterstützung ist, Du hilfst damit der Community. DANKE!

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Wenn dieser Stake verkauft wird, könnte sich etwas bilden, das wir bisher nicht auf Steem kennen. Einen Mittelstand.

Bin voll dafür! 📉📈

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But the end of all things has drawn near. Therefore be sober-minded and be sober unto prayers.(1 Peter 4:7)

Question from the Bible, What does the Bible Say About Tithing?

Watch the Video below to know the Answer...
(Sorry for sending this comment. We are not looking for our self profit, our intentions is to preach the words of God in any means possible.)


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Du hast ein Upvote von unserem Kuration – Support Account erhalten.

Dieser wird nicht von einem Bot erteilt. Wir lesen die Beiträge. (#deutsch) und dann entscheidet der Kurator eigenverantwortlich ob und in welcher Stärke gevotet wird. Unser Upvote zieht ein Curation Trail von vielen Followern hinter sich her!!!

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Feine Vorschläge sind sehr interessanten, zu den Witnessvotes dachte ich daran das die SP nicht entscheiden sollte sondern nur ein Account 1 Stimme bzw. 4 Stimmen?

Zu den downvotes hab ich eine gespaltene Meinung

  • ja gegen Content klau
  • nein wegen Missbrauch

Gerade wurde ich wieder downgevotet weil ich Votes von @steembasicincome erhalte

!invest_vote und ein !BEER

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Feine Vorschläge sind sehr interessanten, zu den Witnessvotes dachte ich daran das die SP nicht entscheiden sollte sondern nur ein Account 1 Stimme bzw. 4 Stimmen?

Wenn man den Aufwand um einen Account zu erhalten erhöhen würde, wäre das eine Idee. Aber im Moment ist es sehr leicht hunderte Accounts zu erstellen und es kostet kaum etwas. DPoS mag nicht fair oder absolut sicher sein, aber es ist durchdacht. Es erlaubt neuen Nutzern leicht ins System einzusteigen, ohne gleichzeitig dadurch das System zu gefährden.

ja gegen Content klau
nein wegen Missbrauch

Hier wird es spannend, wie oben gesagt überwiegen die Upvotes bei weitem, dadurch erhält man trotzdem i.d.R. einen Reward und gleichzeitig gibt es ein Werkzeug gegen Content Klau und anderen Missbrauch des Systems.

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Die Idee den Stake variabel zu binden und potentiell die Rewards an den Zeitraum zu koppeln ist sehr interessant 👌 da muss ich mal bisschen drauf rumkauen. Guter Artikel Satren 👍

Grüße

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Könnte man die Reduktion der Witnessvotes pro Account nicht einfach durch Aufteilung des Stakes auf mehrere Accounts umgehen?
Oder verstehe ich hier etwas falsch....

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Könnte man die Reduktion der Witnessvotes pro Account nicht einfach durch Aufteilung des Stakes auf mehrere Accounts umgehen?

Das ist Möglich, aber dafür müsste man 1. eine größere Menge Steem kaufen, wodurch der Kurs steigen würde und es für den Angreifer teurer wird. Und auf der anderen Seite ist die größte Gefahr das ein großer, Systementscheidender Stake außerbörslich verkauft wird. Dieser ist in der Regel auf einem Account gebunden und ein Angreifer müsste sich so erst mehrere weitere Accounts erstellen, einen Powerdown durchführen und den Stake umverteilen. Was dem Rest der Witnesse Zeit gäbe einzugreifen, wie dies auch immer aussehen würde.

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Das Leben so als Laborratte kann schon anstrengend sein. Steem ist aber nach wie vor meine Lieblingsblockchain! In dem Sinne "Steem on"

Posted using Partiko Android

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Steem On! Immerhin hat man als Laborratte kein langweiliges Leben.

Außer wenn sich alle mal einig sind.

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Mal Simpel gedacht, warum macht man die Votes nicht von der Reputation abhängig , man muss eine min. Reputation haben um voten zu dürfen , das würde zumin mal verhindern das man Accounts rein fürs Witness voten erstellt. Man würde das Ganze nicht von der SP - Menge abhängig machen. Bei den Reputation könnte man ja auch Stufen einführen oder so aber es wäre nicht mehr so stark von den großen Stake-Holder abhängig. Aber so ein System wird man eher nicht einführen können da sich ja sonst die großen Stake-Holder ihren eigenen Ast absägen.
!invest_vote !jeenger

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Es ist weiterhin von der SP Menge abhängig, die Rep bezieht sich nur auf die Anzahl der RShares, die einen gevotet haben. Hier könnten große Stakes noch leichter die Blockchain übernehmen, er müsste nur ein paar Accounts hochvoten.

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Spannende Zeiten und ich kann mir vorstellen, dass viele unabhängige Augen dieses Experiment beobachten.

Posted via Steemleo

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