Geld einführen ist absolut unmöglich!

avatar

fall-163496~2.jpg
Von Pixabay, bearbeitet

Dies ist mein erster Beitrag auf LeoFinance. Ich gehe gleich in die Vollen und beginne die in weiteren Beiträgen fortzusetzende umfassende und tiefgehende Betrachtung des Geldwesens an dem Punkt, der mE den zügigsten Erkenntnisgewinn und die schnellste Aufdeckung der Irrtümer im Verständnis des Geldwesens - die teilweise eine ungeheure Tragweite haben - verspricht.

Die Überschrift ist provokant und wird viel Widerspruch hervorrufen. Zuerst sind zwei Begriffsklärungen nötig:

1. Was ist Geld?

Im Tauschverkehr des
Marktes nimmt das Geld seine Stellung als allgemein gebräuchliches
Tauschmittel ein.
§ 2. Der Tausch kann entweder unvermittelt oder vermittelt vor-
genommen werden. Wir unterscheiden danach den direkten Tausch vom
indirekten.

Ludwig von Mises, Theorie des Geldes und Umlaufmittel, 2. Auflage 1924, S. 2

Dazu möchte ich anmerken, dass mich noch nicht mal diese Formulierung des für mich herausragendsten Geldtheoretikers befriedigt. Unter anderem sind mir "allgemein" und spezieller "allgemein gebräuchlich" zu unbestimmte Begriffe. Aber eine befriedigende und gleichzeitig griffige Formulierung habe ich noch nicht gefunden.

Hier ein Versuch: Geld ist das Zwischentauschmittel, das jeder Marktteilnehmer deswegen jederzeit und unbegrenzt anzunehmen bereit ist, weil er aus Erfahrung weiß, dass er es jederzeit (also auch erst viel später) und unbegrenzt gegen Waren und Dienstleistungen zur Befriedigung seiner Bedürfnisse eintauschen kann, da so gut wie alle anderen Marktteilnehmer hier genauso verfahren wie er und alle darauf vertrauen, dass dessen Kaufkraft dauerhaft hinreichend stabil ist.

Der letzte Satz des Zitats soll hier verdeutlichen, dass Geld nur für den indirekten, vermittelten Tausch (mehr als 99 % aller Tauschvorgänge) nötig ist. Nur nebenbei: Die Geldfunktionen Preismaßstab und Kaufkraftaufbewahrung sind lediglich Unterfunktionen der Tauschmittelfunktion. Darauf gehe ich in einem späteren Beitrag ein.

2. Was heißt Geld einführen?

In einem Gebiet, in dem es bisher noch nie Geld gab, da man sich wegen nicht vorhandener haushaltsübergreifender Arbeitsteilung auf den direkten Tausch - auch Naturaltausch genannt - beschränkte (was auch Warenkredite einschließt), wird erstmals zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Geld eingeführt.

Die Ersetzung eines bereits bestehenden Geldes durch ein neues bei einer Währungsreform oder -umstellung ist also nicht gemeint!

poverty-4561704_1920.jpg
Von Pixabay, bearbeitet

Ich widerspreche hiermit u. a. der Darstellung einer Geldeinführung im Beitrag Staatsfinanzen - Ein Stück in Acht Akten von @stehaller. Wer nicht meiner Meinung ist, möge bitte in den Kommentaren detailliert darlegen, wie denn diese behauptete Hallero-Einführung vonstatten gehen könnte!

Um zu verdeutlichen, was der Knackpunkt ist und um Vorlagen zur Erleichterung der Argumentation zu geben, hier zwei Beispiele:

  1. Am ersten Geltungstag des Geldes um 0:30 Uhr, also eine halbe Stunde nach der Einführung, will einer noch ein Bier. Er fragt den Wirt, was denn eines in diesen neuen Hallero nun koste. "Einen Hallero." "Hm, ganz schön teuer!" Wie kam der Wirt zu seinem Preis? Wie kommt der Gast zu seiner Einschätzung?

  2. Acht Stunden später gehen zwei Nachbarinnen zum Wochenmarkt. "Die Äpfel schauen zwar gut aus, aber ein halber Hallero fürs Kilo ist mir dann doch zu teuer" meint die eine. "Naja, teuer sind sie schon, aber die billigeren gefallen mir nicht, die sind's mir noch weniger wert. Ich nehme welche" sagt die andere. Was braucht es, damit die Hausfrauen zu diesen Ansichten gelangen können? Wie kamen die Händler zu ihren Preisen?

Ich bin gespannt, wie ihr das seht! Besonders gespannt wäre ich auf die Widersprüche nicht nur von @stehaller, sondern auch von @zeitgedanken. Auch die Meinung der Volkswirtin (oder Betriebswirtin, oder beides?) @weissdorn würde mich sehr interessieren. Im nächsten Beitrag gehe ich näher auf dieses so wichtige wie fast unbeachtete Thema ein.

coins1015125_1920.jpg
Von Pixabay, bearbeitet

@indextrader24

Posted Using LeoFinance Beta



0
0
0.000
15 comments
avatar
(Edited)

Im Falle des Hallero, einer staatlichen Währung, ist die Sache ganz einfach.
Der Staat ist Price Setter, wie es Warren Mosler nennt.

Ich als Staat bekomme von jedem Bürger 100 Hallero an Steuern pro Jahr.
Wer nicht zahlen kann dessen Hütte wird niedergebrannt.
Um die 100 Hallero zu verdienen, kann man 40h die Woche, einen Monat lang für den König auf der Baustelle seines neuen Schlosses arbeiten.
100 Hallero entsprechen also der Arbeit eines Bauarbeiters in einem Monat.

Mises Macht mit seiner Definition als Tauschware gleich den ersten Fehler.
Geld ist keine Ware und wir leben nicht und lebten nie in einer Tauschwirtschaft.

Ein Tausch hat keine zeitliche Komponente, lässt weder Schuld noch Guthaben zurück und es sind immer genau zwei Parteien beteiligt.

Sobald Geld ins Spiel kommt, trifft das alles aber nicht mehr zu.

Deshalb spricht man ja von Kaufen und Bezahlen.

Bei Geld, egal in welcher Form, ist immer der Emittent beteiligt und es gibt eine Ausfallwahrscheinlichkeit, wenn sie auch noch so gering ist.
Deshalb würde ich es niemals als Ware oder Tauschware bezeichnen.
Eine Ware kann ich (meist) direkt begutachten und auf ihre Qualität prüfen.
Bei Geld muss ich darauf vertrauen, dass der Emittent auch liefern kann bzw. sein eigenes Geld zur Tilgung akzeptiert.

Alles Geld verschwinden genau dann vom Markt, wenn alle Tauschhandlungen in einer Geldnutzergemeinschaft vollständig vollzogen sind.
Es gibt keine Schulden und keine Guthaben mehr.

Deshalb treffe ich die Unterscheidung zwischen Kaufen (= es entsteht Geld, es bleiben irgendwo im Markt Schulden und Guthaben zurück) und Tauschen (ein Apfel gegen eine Birne und zwar sofort. Nirgendwo bleiben Schulden/Guthaben zurück).

Geld kann man niemals netto haben und bei der Bezahlung ist in der Regel eine dritte Partei beteiligt.

Zahle ich per Überweisung, dann bekommt mein Handelspartner ein Zahlungsversprechen meiner Bank.
Meine Bank ist nun in der Pflicht, entweder Bargeld herauszugeben, falls der Empfänger ein Konto bei der gleichen Bank hat, ist dies nicht der Fall, dann muss sie der Empfängerbank Reserveguthaben bei der Zentralbank übertragen.
Erst dann ist der Vorgang abgeschlossen.

Auch beim Bargeld oder Zentralbankgeld besteht eine theoretische Ausfallwahrscheinlichkeit.
Es stellt eine Steuergutschrift dar.
Der Staat könnte mittels einer Währungsreform diese Steuergutschrift als ungültig erklären oder der Staat könnte aufhören zu bestehen.

Das Geldsystem zeigt uns ja nur an, wer mehr konsumiert hat, als produziert und verkauft(die Schuldner) und wer mehr produziert und verkauft hat als konsumiert (die Kreditoren).

Bei einem vollständigen Tausch gibt es dieses Ungleichgewicht nicht.

Falls Du jetzt im nächsten Artikel Gold ansprichst gleich folgendes vorweg:
Gold/Silber wurde von den Herrschern (in der Regel in Besitz der Goldminen) eingesetzt, weil man es leicht prägen konnte und weil es fälschungssicher war.
Es war aber genauso eine Steuergutschrift wie der Euro.
Deshalb waren ja auf den Münzen auch lange Zeit keine Zahlen geprägt.
Der Herrscher bestimmte jedes Jahr aufs Neue wie viel Münzen man braucht, um seine Steuer zu bezahlen.

Hatte ein Herrscher kein oder zu wenig Edelmetalle, wurde auf Tally-Sticks zurückgegriffen.
Hier wird der Charakter einer Steuergutschrift, also einer Verbindlichkeit des Staates noch deutlicher.

P.S. Bei deinem Beispiel mit dem Wirt und den Äpfeln begehst Du den selben Fehler, den schon so viele Ökonomen vor Dir gemacht haben:
Du nimmst an, es hätte immer schon Märkte im heutigen Sinne gegeben, nur ohne Geld.
Nun erfindet man das Geld und schon geht alles leichter.
So war es aber nicht.

Erst kommt der Herrscher (meist Nomaden, die sesshafte Völker überfallen und “versklavt” haben), dann das Geld des Herrscher und die Steuerpflicht, daraus entwickeln sich dann die Märkte (meist um die Armee des Herrschers herum).

0
0
0.000
avatar
(Edited)

So war es auch bei den römischen Soldaten, die Soldaten bezahlten in Blechmünzen mit Kaiserkopf und die Eroberten mussten Diese annehmen. Dann wurden Steuern eingetrieben und zwar in Blechmünzen mit Kaiserkopf. Um diese zu erhalten mussten Waren verkaufen werden, natürlich gegen Blechmünzen, oder für einen Centurio arbeiten. So sicherte man sich die Versorgung der Soldaten in weit entfernten Gebieten. Plündern war nicht effektiv, da somit keine ständige Versorgung gesichert werden konnte. Also gab man sich großzügig (scheinbar) und wollte nichts umsonst, sondern man bezahlte mit der wertvollen Blechmünze mit der Gottheit Kaiser auf der Münze. Auch im alten China war das Gang und Gebe.

0
0
0.000
avatar

So war es auch bei den römischen Soldaten, die Soldaten bezahlten in Blechmünzen mit Kaiserkopf und die eroberten mussten Diese annehmen. Dann wurden Stehen eingetrieben und zwar in Blechmünzen mit Kaiserkopf. Um diese zu erhalten mussten du Waren verkaufen, natürlich gegen Blechmünzen, oder für einen Centurio arbeiten. So sicherte man sich die Versorgung der Soldaten in weit entfernten Gebieten. Plündern war nicht effektiv, da somit keine ständige Versorgung gesichert werden konnte. Also gab man sich großzügig (scheinbar) und wollte nichts umsonst, sondern man bezahlte mit der wertvollen Blechmünze mit der Gottheit Kaiser auf der Münze. Auch im alten China war das gang und gebe.

0
0
0.000
avatar

also gibt es nur Zwang und alles funktioniert nur dank Zwang?

Sind wir wieder bei deinem beliebten Tilgungsdruck.. :)

0
0
0.000
avatar

Jede staatlichen Maßnahme ist mit Zwang verbunden.
Dies ist das Wesen des Staates.
Das System staatliche Währung/Steuer ist nur die zivilisiertere Form der Sklaverei.

Bei privaten Schuldverhältnissen herrscht dagegen die Freiwilligkeit vor.
Niemand zwingt dich mit anderen Menschen Schuldverhältnisse einzugehen.
Wobei gegenseitige Schuldverhältnisse (vor allem auf persönlicher Ebene),die nicht nur monetär sein müssen, nichts schlechtes sind.
Sie halten eine Gesellschaft zusammen.

0
0
0.000
avatar

Tut mir leid, dass ich so spät antworte! Für deinen sehr engagierten und ausführlichen Kommentar bedanke ich mich auch an dieser Stelle wie auch in meinem neuen Beitrag. Weiteres schreibe ich dort. Es wird eine Weile dauern, bis ich auf alle deine Punkte in Rahmen weiterer Beiträge nach und nach eingehen werde.

0
0
0.000
avatar

Ich denke, wer den Riesenaufwand betreibt, eine Währung neu einzuführen, muß bestimmte Ankerpunkte oder Richtwerte mit dazu kommunizieren. Die Beispiele von Dir sind daher etwas weltfremd.
Und z.B. im Urwald, wenn ein Eingeborener eine von einem Händler angebotene Stahlaxt haben will und der Händler nur Dollar nimmt (= de facto-Neueinführung einer Währung in diesem Gebiet), wird der Eingeborene sich erkundigen, was er tun muss, um die Dollars aufzutreiben (z.B. 1 Woche Arbeit, für eine Kiste Bier nur ein Stunde Arbeit oder so), d.h. es würde sich nach und nach ein Gegenwert des Dollars herausbilden.

0
0
0.000
avatar

Die Briten haben es in ihren Kolonien immer so gemacht, wie in meinem Märchen beschrieben. Hüttensteuer bezahlbar in £.
Verdienen konnte man das Geld durch Arbeit auf den Plantagen.
In früheren Gesellschaften ohne Staat bezahlte man mit Schuldversprechen.
"Ich schulde Dir für das Huhn, das Du mir gegeben hast, etwas vergleichbares."
Gegenseitige Schuldverhältnisse halten eine Gemeinschaft zusammen.

0
0
0.000
avatar

Genau das Problem gibt es und es nennt sich Numeraire. Mein Haus welches ich für 100k kaufte ist 20Jahre später das dreifache wert...zumindest in Fiat gemessen. Ich bekommen für mein Haus aber keine drei vergleichbaren Häuser in der Stadt - wie ermittle ich den Wert ohne mich zu belügen? Konsumgüter werden immer günstiger aber heute kann JEDER in Deutschland wie Kleopatra in Milch und Honig baden und sich dabei ein Theaterstück reinziehen du kannst in die Prestigegüter Lüge und in Kamelmilch und Manuka Honig baden und dir dabei richtiges Theater vorspielen lassen - Luxus und Konsum läuft schnell in einen Begrenzer. Aber solange du Wertsteigerung für mehr Luxus anstrebst kannst du weiter in USD messen. Mal von Kamelmilch abgesehen find ich Lebensqualität ein gutes Wertmaß welches zwar subjektiv ist aber trotzdem Intersubjektivität erlaubt.

Jetzt kommt das Problem, wenn man in USD misst muss man "nur" die Inflation outperformen. Worin misst man dann aber Inflation? Man muss also schauen was das Wertmaß der mächtigsten Markteilnehmer ist, was diese akkumulieren und horten und wenn man von diesem Wertmaß später mehr bekommt als heute, dann ist das Portfolio im Wert gestiegen.

0
0
0.000
avatar

Ich bekommen für mein Haus aber keine drei vergleichbaren Häuser in der Stadt - wie ermittle ich den Wert ohne mich zu belügen?

Das wäre ja wohl auch nicht gerecht.
Zu Wertermittlung hast Du ja Vergleichspreise.
Es kommt ja auch nicht darauf an, wie viel ein Dollar heute im Vergleich zu früher kaufen kann, sondern wie viel alle Dollars heute im Vergleich zu früher kaufen können.

Die Inflationsrate, die sich langfristig im Markt einstellt, ist immer diejenige, die für die meisten Teilnehmer am besten funktioniert.
Wobei das natürlich nicht geplant ist.
Deflation führt langfristig zur Pleite aller Marktteilnehmer (die Ausgaben des einen sind die Einnahmen des anderen).
Für jeden gesparten Euro gibt es einen Euro Schulden.
Wenn die Euros unter der Matratze liegen, dann können die Schuldner nicht tilgen.
Nullinflation driftet gerne in Deflation ab, weil ich hier das Geld ohne Verlust unter die Matratze stecken kann.
Als Sparer sollte man halt auch immer die andere Seite sehen und die Konsequenzen seines Sparens (in Geld) im Hinterkopf haben.
Ein Einzelner kann sich theoretisch reich sparen. Tun es viele, dann gehen alle pleite.

0
0
0.000
avatar

Als Sparer sollte man halt auch immer die andere Seite sehen und die Konsequenzen seines Sparens (in Geld) im Hinterkopf haben.
Ein Einzelner kann sich theoretisch reich sparen. Tun es viele, dann gehen alle pleite.

das ist wahrscheinlich was dich am stärksten am Bitcoin stört?

0
0
0.000
avatar
(Edited)

Beim Bitcoin (wie beim Gold) ist die Pleite von sehr vielen Schuldnern von vorne herein Teil des Systems, weil sie deflationär sind.
Die Rechnung begrenztes Angebot plus Deflation plus Zins kann niemals aufgehen.
Das Kreditgeldsystem kann das Problem Geldhorten durch zusätzliche Neuverschuldung umgehen.
Das Problem bei unserem Kreditgeldsystem ist der extreme Schutz der Gläubiger durch den Staat und auf internationaler Ebene durch den IWF und wenn das nicht reicht gibt es Bailouts für die Großbanken.
Schuld-Abschreibungen sind aber immens wichtig, um zu verhindern, dass irgendwann die 1% alles besitzen.
Genau deshalb gibt es ja Zinsen, um die Pleiten der Schuldner auszugleichen.
Früher gabs immer wieder einmal einen Schuldenerlass durch den Herrscher.
Das wurde aber deshalb notwendig, weil die Zinsen von der Obrigkeit künstlich extrem hoch festgelegt wurden.
Bei uns verschafft man den großen Gläubigern ein risikoloses Einkommen.
Sozialismus für Reiche…

0
0
0.000